HS Entmythologisierung - ein gescheitertes Projekt? Religionswissenschaftliche Ăśberlegungen (Stahmann)
Anmeldung
- Anmeldung: an nuran.tanriver@ts.uni-heidelberg.de bis 18. Oktober 2021 erforderlich - mit Angabe der Matrikelnummer und des Studiengangs.
OnLine Material
- Die Beamer-Folien der Vorlesung werden als PDF-Dateien in Moodle abgelegt.
- Aktuelle Gliederung (wird laufend aktualisiert) [hier ...]
Dozent
Stahmann
Termine
Zwei Blöcke am:
- Freitag, 29.10.2021, 14:30 - 21:00 Uhr und Samstag, 30.10.2021, 09:30 - 15:00 Uhr / Karlstr. 16, ĂśR 3
- Freitag, 10.12.2021, 14:30 - 21:00 Uhr und Samstag, 11.12.2021, 09:30 - 15:00 Uhr / Karlstr. 16, ĂśR 3
Kommentar
Eigentlich dachte man und frau früher, also in der grauen Zeit der Industrialisierung, der Logos habe endgültig den Mythos abgelöst – gleich einem Naturgesetz, Karl Marx lässt grüßen. Förmlich erschienen Menschen auf Erden, die die Ratio beschwörten und allen Ernstes die Behauptung aufstellten, das Magische habe etwas mit dem Mittelalter und vergangenen Zeiten zu tun. Max Weber träumte mit dem Stichwort der Entzauberung diesen Traum weit vor dem Ersten Weltkrieg und Jahre vor ihm David Friedrich Strauß im wilden Tübingen. Doch dem Mythos wohnt eine Hartnäckigkeit inne, die all' diese Prophet*innen einer neuen Zeit Lügen straft. Er ist nicht überholt, wenn sogar Friedrich Wilhelm Graf von der „Wiederkehr der Götter“ spricht. Das wollen wir an unterschiedlichen Texten beobachten:
Deshalb starten wir mit David Friedrich Strauß und Auszügen aus „Das Leben Jesu“, 1835 erschienen, eines der global folgenreichsten theologischen Werke überhaupt. Ganz ähnlich wiederholt dieses Denken Rudolf Bultmann mitten im Zweiten Weltkrieg („Neues Testament und Mythologie“). Um beide Brennpunkte herum werden sich Texte anlagern, die uns verstehen lassen, warum der Mythos in der Poesie und Fantasy-Welt Menschen fasziniert, obwohl ein Computer nur mit Strom funktioniert. Anscheinend lieben wir Comic-Heroes wie Superman und feiern die vermeintlichen Mutanten aus dem Marvel-Universum, haben aber immer größere Probleme, Jesus als Gott zu verstehen. Ein echter Anachronismus. Unter Umständen kann der Mythos sogar Zukunftsprojekte erklären helfen, wie beispielsweise Bruno Latours Gaia-Vorlesungen zur Plausibilisierung des Klimaregimes.
Das religionswissenschaftliche Hauptseminar wird als Blockseminar durchgefĂĽhrt. Die Anmeldungen organisiert Frau Nuran Tanriver und eine Literaturliste wird hoffentlich rechtzeitig virtuell fixiert.
Kontakt und weitere Infos:
christian.stahmann@kbz.ekiba.de
Leistungsnachweis
- Je nach Modulzuordnung und Studiengang (in der Regel Seminararbeit oder Essay)
Literatur
• Bruno Latour, Kampf um Gaia. Acht Vorträge über das neue Klimaregime, Berlin: Suhrkamp 2020.
• Hans Ulrich Gumbrecht, Präsenz-Spuren. Über Gebärden in der Mythographie und die Zeitresistenz des Mythos, in: Ders., Präsenz, Berlin: Suhrkamp Verlag 2012, 291-308.
• Kurt Hübner, Die Wahrheit des Mythos, Freiburg: Karl Alber 2013.
• Jean-Luc Nancy, Von einer Gemeinschaft, die sich nicht verwirklicht, Berlin – Wien: Turia & Kant 2018, 75-120.
• David Friedrich Strauß, Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet (1835), Einleitung, 1-76, in: Werner Zager (Hg.), David Friedrich Strauß, Das Leben Jesu, kritisch betrachtet, Erster Band, Darmstadt: WB 2012. Dazu: Werner Zager, Einleitung, in: Ebda., 5-32.
• Gerd Theißen, Botschaft in Bildern. Entmythologisierung als theologische Wahrheitssuche, Stuttgart: Kohlhammer 2021.