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"Arier" und "Draviden"

Konstruktionen der Vergangenheit als Grundlage für Selbst- und Fremdwahrnehmungen Südasiens

Cover 2 Herausgegeben von Michael Bergunder und Rahul Peter Das
Halle, 2002, 251 Seiten, br.
Neue Hallesche Berichte. Quellen und Studien zur Geschichte und Gegenwart Südindiens. Bd. 2
ISBN 978-3-447-06315-9
11,– EUR


Die Frage nach der Geschichte beinhaltete zu allen Zeiten auch die Frage nach der eigenen Identität. Während der britischen Kolonialherrschaft im 19. Jahrhundert begründeten westliche Indologen und christliche Missionare unter Beteiligung Gelehrter der traditionellen einheimischen Wissenssysteme eine südasiatische Geschichtsschreibung, in der die Südasiaten als die Nachkommen unterschiedlicher Völker (insbesondere Arier und Draviden) betrachtet wurden. Diese orientalistischen Geschichtstheorien über Ereignisse, die tausende Jahre zurücklagen, fanden unter unterschiedlichen Vorzeichen Eingang in den politischen Diskurs, und in der Folgezeit wurden diese Projektionen in hohem Maße Bestandteil des Selbstverständnisses verschiedenster politischer Bewegungen und Parteien moderner südasiatischer Staaten. Heute mündet in Südasien fast jede Diskussion über die Vor- und Frühgeschichte beinahe automatisch in eine Debatte um soziale und politische Machtinteressen. In jüngster Zeit sind es vor allem sogenannte hindu-nationalistische Kreise, die ihre politische Legitimation aus der Vorgeschichte zu ziehen versuchen. Der vorliegende Band leistet damit auch einen wichtigen Beitrag zur Aufhellung der geistigen Hintergründe des im deutschsprachigen Raum immer noch wenig verstandenen Phänomen des Hindu-Nationalismus.

Übersicht über die Beiträge:
- Michael Bergunder und Rahul Peter Das: Einführung: „Arier“, „Draviden“ und politische Diskurse in Südasien
- Thomas R. Trautmann: Die Entdeckung von „arisch“ und „dravidisch“ in Britisch-Indien. Eine Erzählung zweier Städte
- Maria Schetelich: Bild, Abbild, Mythos – die Arier in den Arbeiten deutscher Indologen
- Madhav M. Deshpande: Panca-Gauda und Panca-Dravida. Umstrittene Grenzen einer traditionellen Klassifikation
- Hans Harder: Populärversionen des „Ariertums“ in Indien um die Wende zum 20. Jahrhundert
- Albrecht Frenz: Der Einfluß Hermann Gunderts auf die Renaissance des Malayalam
- Andreas Nehring; „... nur ein Halbbruder des griechischen Genius“. Die Entdeckung des Dravidischen durch deutsche Missionare im 19. Jahrhundert
- Dietmar Rothermund: Die Nichtbrahmanen-Bewegung (1920–1962) und die indische Politik
- Michael Bergunder: Umkämpfte Vergangenheit. Anti-brahmanische und hindu-nationalistische Rekonstruktionen der frühen indischen Religionsgeschichte
- Rahul Peter Das: Bengalischer Nationalismus und die Konstruktion einer austroasiatischen Vergangenheit
- Edwin Bryant: Disput um die Vergangenheit. Indoarische Ursprünge und moderner nationalistischer Diskurs
- Hans Henrich Hock: Wem gehört die Vergangenheit? Früh- und Vorgeschichte und indische Selbstwahrnehmung

Die Herausgeber:
Michael Bergunder ist Privatdozent für Ökumenik und Religionswissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Rahul Peter Das ist Professor für Neuindische Philologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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